VOC-Emissionen aus Schwimmdachtanks und deren lokale Ausbreitung

Gastbeitrag von Dr. rer. nat. Ronald Zinke und M.Sc. Florian Köhler

Schwimmdachtanks gehören zu den wirtschaftlichsten und flexibelsten Großtanksystemen in der Industrie. Als wesentlicher Vorteil gilt aufgrund deren Beschaffenheit ein vergleichsweise günstiges Emissionsverhalten sowie geringe Produktverluste im Vergleich zu anderen Tanksystemen. Was das konkret für die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre bedeutet, wurde im Rahmen eines Projektes der Otto von Guericke Universität Magdeburg genauer untersucht.

Projekthintergrund und Motivation:

Raffinerien und Tanklager betreiben Schwimmdachtanks in denen Rohöle, Mineralöle oder daraus hergestellte petrochemische Produkte gelagert werden. Einige dieser Flüssigkeiten haben hohe Dampfdrücke und sind Emissionsquellen extrem entzündbarer flüchtiger Kohlenwasserstoffe (VOCs). Kein Schwimmdachtank ist frei von Emissionen, weswegen dieser selbst und die angrenzenden Areale explosionsgefährdete Bereiche sind, denen durch die TRGS 509 Zonen unterschiedlicher Eintrittswahrscheinlichkeiten für gefährliche explosionsfähige Atmosphären zugeordnet werden. Betreiber sind daher angehalten, Zonen auszuweisen. Eine Zonenzuordnung impliziert eine bestimmte Häufigkeit und Dauer einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre. Für die Betreiber sind mit der Festlegung, Anforderungen verbunden, die den Erfordernissen des Explosionsschutzes entsprechen. Ziel des Projektes war daher die Einschätzung, wie hoch die Bildungswahrscheinlichkeit für eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre an einen Schwimmdachtank tatsächlich ist. Hierfür wurde der Normalbetrieb, aber auch Abweichungen vom Normalbetrieb, wie Revisionen und Schäden berücksichtigt. In einem Vorprojekt (DGMK 793) wurden die Emissionen im Normalbetrieb aus einem Schwimmdachtank in einer Langzeitmessung erfasst und ausgewertet.

CDF Simulation (ANSYS) und Messung im Windkanal und der Universität Hamburg (EWTL)

Besonderheiten und Herausforderungen:

Zunächst wurde recherchiert, welche Schadensereignisse und Häufigkeiten in der Literatur publiziert wurden. Diese Datenlage wurde durch eine deutschlandweit durchgeführte Betreiberumfrage und eine gezielte Expertenbefragung merklich verbessert. Zusätzlich wurden die Tankdaten von etwa einem Viertel aller Tanks erfasst, wodurch die Umfrage ein statistisch repräsentatives Bild liefert. Mit Hilfe von Modellen zur Emissionsabschätzung und unter Verwendung von Ausbreitungssimulationen wurde ermittelt, welche Schadenszenarien in Emissionen münden können, die für die Herausbildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphären hinreichend sind. Hierfür war es erforderlich, für alle Ereignisse plausible Bandbreiten für Quellmassenströme zu bestimmen, die sowohl unterschiedliche Tankbauweisen, unterschiedliche Betriebsweisen, unterschiedliche Lagerstoffe und die Vielzahl beobachteter Schäden abdecken, inklusive Fehlerbetrachtungen. Als Ausbreitungsmodelle wurden CFD-Ausbreitungssimulationen und Partikeltrajektorienmodelle verwendet und mit Windkanalmessungen verglichen. Die Eintrittswahrscheinlichkeiten dieser Ereignisse wurden erhoben und innerhalb einer quantitativen Risikoanalyse auf der Grundlage Bayesscher Netze miteinander kausal verkettet. Für die Ergänzung fehlender Wahrscheinlichkeitsdaten wurde auf die langjährige Erfahrung von Experten aus der Konstruktion, dem Betrieb und aus der Herstellung von Dichtungssystemen zurückgegriffen.

Bayessches Netz (GeNIe-Software BayesFusion, LLC )
Simulationsgitter, Visualisierung ParaView (OpenFOAM)

Fazit:

Die Gesamtwahrscheinlichkeit für einen Schaden, bei dem mit einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre im Tankbereich gerechnet werden muss, liegt bei einmal in etwa 1700 Jahren je Tank. Die derzeitige Zonenzuweisung durch die TRGS 509 erscheint sehr konservativ. Auf Basis der Forschungsergebnisse erscheint die Diskussion um eine Zonenreduzierung nicht unbegründet. Eine finale Vorgabe dazu bleibt den Gremien und Fachausschüssen zur Erarbeitung der geltenden Rechtsvorschriften vorbehalten. Darüber hinaus sollten die für die Betriebs- und Arbeitssicherheit in Bezug auf Gefahrstoff geltenden Anforderungen, wie sie zum Beispiel bei Wartungs- und Reparaturarbeit erforderlich sind eingehalten werden.

Welche Festlegungen wurden für Ihre Tankanlagen getroffen und sind im aktuellen Explosionsschutzdokument beschrieben? Habe Sie ähnliche Projektthemen oder Untersuchungsvorhaben?

Bei Fragen zur Untersuchung oder ähnlich gelagerten Fragestellungen im Zusammenhang mit:

  • Anwendung Bayesscher Netze für quantitative Risikoanalysen
  • Ausbreitungssimulationen und
  • Kopplung von Ausbreitungsuntersuchungen mit Monte-Carlo-Methoden bzw. mit Response-Surface-Methoden für Fehlerbetrachtungen oder Toleranzanalysen

wenden Sie sich bitte an:

Herrn Dr. rer. nat. Ronald Zinke
Institut für Apparate- und Umwelttechnik
Universitätsplatz 2, 39106 Magdeburg,
Mail: ronald.zinke@ovgu.de, Tel. 0391/67 58115

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